Am 14. Januar 2020 startete der Hauptprozess wegen des versuchten Mordanschlags auf Seda aus Gelsenkirchen.
Nächster Prozess am 20.Januar am Landgericht Essen um 9:15 Uhr
Dort werden die Polizisten aussagen.
Kommt um 8:15 Uhr zur Protestaktion vor dem Gericht |
Die Gelsenkirchener Courage-Frauen, die Seda solidarisch begleiten, berichten über den 1. Prozesstag:
Mit großer Spannung verfolgten am 14. Januar 2020 rund 35 Besucherinnen und Besucher den ersten Prozesstag im Hauptprozess gegen Faruk B. aus Gelsenkirchen am Landgericht Essen. Faruk B. hatte am 22.06.2019 eine Messerattacke auf unsere Freundin Seda verübt und sie mit 21 Messerstichen lebensgefährlich verletzt.
An diesem Prozesstag wurde mit der Vernehmung der Tatzeugen begonnen. Zuvor hatten sich aber die Besucher im strömendem Regen vor dem Landgericht versammelt, um ihre Solidarität mit Seda zum Ausdruck zu bringen. Gekommen waren Vertreterinnen vom Frauenverband Courage Bundesvorstand, aus Gelsenkirchen und Essen, Familie und Nachbarn von Seda, vom Freundeskreis Seda, vom alevitischen Verein aus Gelsenkirchen und Essen, von der MLPD und dem Jugendverband REBELL und von ver.di Frauen. Auch der WDR war anwesend. Sie alle überbrachten Seda ihre Solidarität.
Klar brachten wir zum Ausdruck, dass der Täter verurteilt werden muss – und zwar auf Mordversuch und nicht auf Totschlag, wie die Anklage lautete! Allzu oft geschieht es, dass bei solchen Prozessen der Versuch gestartet wird, die Opfer zu Tätern zu machen oder die Sache bagatellisiert wird – das werden wir nicht zulassen.
Der Prozess begann mit der Zeugenaussage von Seda selbst. Diese wurde auto virtuell und live in den Gerichtssaal übertragen. Die behandelnden Psychologen bestätigen, dass eine persönliche Gegenüberstellung von Seda mit dem Täter unzumutbar war. Der Prozess erlebte eine sehr starke und tapfere Hauptzeugin. Zwei Stunden dauerte ihre Aussage, die ganz klar und exakt war. Jedes Detail hatte sie aufgeführt, mit Fotos und Aufzeichnungen, jeder Termin stimmte. Trotzdem ihr die Anstrengungund Anspannung anzusehen war, war sie bis zum Schluss konzentriert.
Die Zeugenaussage von Seda war zutiefst berührend und gleichzeitig empörend.
Seda ist Zumbatrainerin und an ihrem Kurs nahm die Frau des Täters teil. So kam sie mit ihm in Kontakt, wenn er seine Frau abholte. Im Juli 2017 machte er ihr schriftlich über seinen Account Avancen, die sich schnell mit Drohungen verbanden, wenn sie ihm keine Zusage machen würde. Mehrfach gab sie ihm bestimmt zu verstehen, dass sie das nicht wünscht. Nach zwei Monaten voller Belästigungen informierte sie die Frau des Täters, suchte unter Freunden im Zumbakurs Hilfe, änderte ihre Telefonnummer.
„Der Täter machte immer weiter“, berichtete sie.
Im Dezember 2017 bedrohte er sie erstmals offen bei einem ZUMBA Kurs, was sie sofort zur Anzeige brachte bei der Polizei. Sie schloss alle ihre Accounts – doch der Täter fand immer wieder Wege sie zu erreichen, belästigte ihre Familienmitglieder und ging immer offener zu offenen Morddrohungen über, wie „Bei Gott ich schwöre, dass ich dich töten werde.“ Oder: „Ich werde dich durchlöchern, ich werde dich überall finden, egal wo du bist.“
Immer wieder ging sie zur Polizei und zeichnete alles auf.
Alles ist dokumentiert. Schließlich musste sie umziehen und die Arbeitsstelle wechseln. Aber auch die neue Wohnung spürte der Täter auf. Das Gericht erfasste alle Anzeigen, die Seda machte. Es ist unfassbar: aber es waren insgesamt zehn Anzeigen, ohne dass über ein Annäherungsverbot hinaus, wirklich irgendetwas Effektives gegen den Täter unternommen wurde.
Am 22.06.2020 lauerte er ihr in Nähe der Wohnung auf. Er machte ihr das Zeichen „Ich töte Dich“. Seda rief die Polizei, suchte Hilfe bei Menschen im
nahegelegen Eiscafé. Sie hat alles richtig gemacht. Doch die Polizei sprach nur mit dem Täter, durchsuchte ihn noch nicht einmal. Sie begleitete Seda auch nicht nach Hause, oder verfolgte ob der Täter tatsächlich die Gegend verlies. Nur wenige Minuten später, überfiel er sie in ihrem Hausflur.
Seda berichtete genau was der Täter mit ihr gemacht hat und wie sie gegen ihn kämpfte. Stark und mutig klagte sie ihn an. Nur weil sie kämpfte, konnte sie sich ins Freie retten.
Immer wieder betonte sie, dass sofort Leute zu ihr eilten und ihr geholfen haben. Dadurch überlebte sie.
Nach dem Prozess waren sich die Prozessteilnehmer alle einig: das war ein guter Prozesstag. Seda wies die Mordabsicht ganz deutlich nach. Auch andere Augenzeugen berichteten, wie der Täter Seda das Todeszeichen machte. Das sind gute Grundlagen den Prozess umzuwandeln in einen Mordprozess.
Empört waren alle, über das Versagen der Polizei. Wie kann das sein? Aus dem Bericht von Seda wurde sehr deutlich, dass die Polizei das Attentat hätte verhindern können. Klar ist die Forderung, dass auch das aufgeklärt werden muss!
Deshalb darf man auf den nächsten Prozess am 20.Januar am Landgericht Essen um 9:15 Uhr gespannt sein. Dort werden die Polizisten aussagen.
Um 8:15 Uhr wird dort wieder eine Protestaktion stattfinden.
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