Erklärung zur Situation an Europas Außengrenzen
Täglich erreichen uns schreckliche, empörende Bilder: Es wird mit Tränengas und Gummigeschossen auf Mütter gefeuert, die ihre Babys in den Armen halten. Es werden Schlauchboote scharf beschossen, in denen Schutz suchende Menschen sitzen.
Tausende Menschen sind zwischen der türkischen und der griechischen Grenze gefangen – ohne Obdach, ohne Essen, ohne medizinische Versorgung. Die Menschenrechtsaktivistin Leman Yurtsever berichtet auf dem kurdischen Nachrichtenportal anf:
„Die Mehrheit der Versammelten waren Frauen und Kinder. Es gab schwangere Frauen, Kranke und auch Behinderte. Im Gelände hatte keine eine Decke, wir haben Kinder ohne Schuhe gesehen. (…) Sie hatten (…) erfahren, dass die Grenzen geöffnet worden seien und sind überall aus der Türkei hierhergekommen.“ Mit Gewalt werden sie von der griechischen Polizei und der EU-„Grenzschutzagentur“ Frontex an der Einreise in die EU und von türkischen Spezialkräften an der Umkehr in die Türkei gehindert. Das Erdogan-Regime hatte sie mit Bussen zur Grenze karren und oft mit Gewalt über die Grenze treiben lassen.
Auf dem Rücken von Menschen, die in ihrer Heimat nicht mehr leben können, wird ein übles, unwürdiges Machtspiel ausgetragen.
Erdogan fordert erpresserisch weitere finanzielle Unterstützung im Rahmen des „EU-Füchtlingsdeals“ und darüber hinaus Hilfe durch die Nato-Staaten bei seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in Nord-Syrien.
Weder die Bundesregierung noch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilen diesen Krieg des Nato-Landes Türkei. Angela Merkel äußert sogar Verständnis und verspricht weitere Hilfe. Sie und Frankreichs Präsident Macron wollen Erdogan zu Verhandlungen treffen. Dabei haben die Abweisung schutzsuchender Menschen und die Abschottung der europäischen Grenzen höchste Priorität.
Die griechische Regierung hat seit dem 1. März, das Recht auf Asyl außer Kraft gesetzt.
Mit brutaler Gewalt werden Asylsuchende inhaftiert oder sogar in den Grenzfluss Evros zurückgetrieben. Kritisiert Ursula von der Leyen etwa dieses rechtswidrige Verhalten? Im Gegenteil - mit 700 Mill. Euro und dem Einsatz von Polizisten aus ganz Europa stärkt sie Griechenland als „Schild“ Europas und erklärt: "Die Aufrechterhaltung der Ordnung an unserer Außengrenze hat für uns Vorrang."
Es wird Krieg gegen die Menschen geführt, die vor Krieg, Gewalt und Elend geflohen sind.
Faschisten aus ganz Europa fühlen sich ermutigt dort mitzumischen. Das ist wohl die Ordnung, die Horst Seehofer meint, wenn er sagt „Erst Ordnung, dann Humanität“! Was ist da noch der Unterschied zur AfD? Weil angekündigt wurde die wirklich armselige Anzahl von 1500 „besonders schutzbedürftigen“ Kindern über ganz Europa verteilt aufzunehmen, sprechen Weidel und Gauland von einem „Dammbruch“. Denn unweigerlich zögen ja die Familien nach.
„Vergessen“ werden auch von vielen bürgerlichen PolitikerInnen der „besondere Schutz der Familie“, auf den sie sonst pochen oder die am Internationalen Frauentag hochgehaltenen Rechte der Frauen und ihr Schutz vor Gewalt.
Gegen dieses verlogene, menschenfeindliche Geschacher haben bereits tausende Menschen, darunter viele junge Frauen, demonstriert und klar gemacht: Deutschland und andere Länder in der EU könnten erheblich mehr Flüchtlinge ohne große Probleme aufnehmen! Und das ist dringend notwendig.
Auf den griechischen Inseln Lesbos, Samos und Kos hausen etwa 40.000 Menschen, darunter 14000 Kinder unter unmenschlichen Bedingungen – in Zelten, behelfsmäßigen Hütten, ohne Heizung, mit fehlenden oder völlig unzureichenden Sanitäranlagen. Sie sind schutzlos Krankheiten ausgeliefert. Das Corona-Virus ist für sie eine tödliche Gefahr.
Der Mainzer Arzt Gerhard Trabert, der versucht auf Lesbos medizinische Hilfe zu leisten, berichtet im ZDF-Nachrichtenmagazin „heute“:
„Und trotzdem ist die Mehrheit nicht gegen die Flüchtlinge, sondern dagegen, dass sie im Stich gelassen werden. Und dass Europa nicht handelt. (…) Mir fehlen da die Worte. Vor zwei Wochen haben nach dem Anschlag von Hanau alle Politiker gesagt, sie machen etwas gegen Rassismus. Die Menschen hier im Stich zu lassen, ist für mich auch eine Form von Rassismus. Man kann nicht warten, bis Europa gemeinsam eine Lösung kreiert hat. Da muss das bevölkerungsgrößte und wirtschaftlich stärkste Land voran gehen. Was macht es uns aus, 5.000 Kinder und Kranke hier aus diesem Chaos heraus zu holen?“
Selbst die Autonomieverwaltung der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien hat bis Anfang März bereits 1500 aus Idlib geflüchtete Familien aufgenommen - trotz schwierigster Bedingungen.
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Wir Frauen des Frauenverbands Courage erklären:
- Wir verurteilen die barbarische Flüchtlingspolitik und den Angriffskrieg der faschistischen türkischen Regierung in Nordsyrien.
- Die reaktionäre, menschenverachtende Abschottungspolitik Deutschlands und der EU erfolgt nicht in unserem Namen. Sie muss sofort beendet werden!
- Unsere uneingeschränkte Solidarität gehört den geflüchteten Menschen.
Wir fordern die Bundesregierung und EU auf, alles zu tun, damit diesen Menschen in ihrer Notlage geholfen wird:
- Sofortige Umsetzung des Rechts auf Flucht und Asyl und der Genfer Konvention!
- Sofortige Öffnung der Grenzen zur EU und Auflösung der menschenunwürdigen Lager in Griechenland und in anderen Ländern an den europäischen Außengrenzen!
- Sofortige Aufnahme und humanitäre Hilfe für Geflüchtete durch Deutschland und andere Länder der EU!
- Umfassende medizinische Versorgung, Untersuchung auf Coronaviren und gegebenenfalls entsprechende Behandlung!
- Einstellung aller finanzieller Unterstützungen und militärischer Hilfe für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der türkischen Armee und ihrer dschihadistischen Verbündeten in Nordsyrien – als eine Maßnahme zur Bekämpfung der Fluchtursachen!
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14.03.2020
Bundesvorstand des Frauenverbands Courage e.V.
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Die Sprecherinnen des Bundesvorstands haben gemeinsam mit der Europakoordinatorin aus Deutschland einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel und die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geschrieben.
Offener Brief an Bundeskanzlerin Merkel und EU-Kommisionspräsidentin Ursula-von-der-Leyen
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