Willkommen in Deutschland, liebe Frauen und Kinder, liebe Männer, die ihr einen Ort braucht auf der Welt, wo ihr sicher seid vor mordenden und vergewaltigenden IS-Schergen, vor Bombardierungen oder vor zerstörten Städten, in denen ein Leben derzeit unmöglich ist.
Willkommen auch die Menschen, die ihr vor materieller Not flieht und die ihr auf der Suche seid nach einem Fleckchen Erde und nach einer Gemeinschaft, die euch auffängt und mit der ihr gemeinsam für ein menschenwürdiges Leben kämpfen wollt.
Erklärung als Flyer
So oder so ähnlich nehmen in den letzten Tagen unzählige Bürger in ganz Deutschland all die Flüchtenden in Empfang, organisierten wie am 1./2. September in München innerhalb von Stunden eine nie gekannte Hilfe mit Lebensmittelspenden und Hygieneartikeln, mit dem Aufbau von Notunterkünften und mit Übersetzungen. Kinder freuten sich über gespendetes Spielzeug und Süßigkeiten und darüber, wieder beruhigt einzuschlafen.
Das ist Willkommenskultur von unten – die aber nicht missbraucht werden darf, staatliche Leistungen nur zögerlich zu organisieren!
Wir nehmen es der Bundesregierung nicht ab, sie sei „völlig überrascht worden“ von den vielen Menschen, die es schaffen, unter abenteuerlichsten Bedingungen Grenzen zu überwinden. Sie sind es doch selbst, die tatkräftig mithelfen, Fluchtursachen zu schaffen und ihre Ursachen zu verschleiern. Es ist die Ruinierung von ganzen Volkswirtschaften überall auf der Welt, es ist Untätigkeit und Verharmlosung in Sachen Klimakatastrophe. Es gibt dicke Freundschaften mit Diktatoren dieser Welt, wenn es darum geht, deutschen Konzernen die Märkte zu erobern oder wenn es um Genehmigung von Waffenexporten geht. Gerade an Länder wie Saudi-Arabien, die den IS direkt finanzieren. Dieser treibt Tausende in die Flucht, von denen allerdings nur ein ganz kleiner Teil hier in Deutschland ankommt. So haben von den 10 Millionen Menschen aus Syrien, die auf der Flucht sind, bisher 40.000 Asyl in Deutschland beantragt.
Das alles durchschauen immer mehr Menschen und organisieren in diesem Geist die solidarische Hilfe und Unterstützung für geflüchtete Menschen.
Direkt peinlich ist es, wenn die bayerische Sozialministerin Emilia Müller Flüchtlinge aus Bosnien empfängt mit dem Satz: „Guten Tag, Sie wissen schon, dass sie wieder zurück müssen!“ Oder wenn Frau Merkel monatelang schweigt und dann 97 Minuten braucht um wenig Konkretes zu versprechen und stattdessen die Menschen vertröstet auf später. Wir erinnern an ihre Tatkraft zur Bankenrettung im Euro-Raum: einen EU-Gipfel nach dem anderen und innerhalb von wenigen Tagen waren Milliarden locker! Die gut fünf Milliarden Euro, die die Bundesländer 2015 vermutlich zur Versorgung der bei uns eingetroffen oder noch eintreffenden Flüchtlinge ausgeben „machen gerade einmal 1,8 Prozent des Bundeshaushalts aus. …. Allein an Zinsen für seine Schulden zahlt Deutschland jährlich 35 Milliarden Euro. Noch winziger wirken die Flüchtlingsausgaben, wenn man weiß: Die Bundesrepublik hat allein für die Rettung ihrer Banken jüngst 290 Milliarden Euro ausgegeben.“ (Quelle Die Zeit, 18.08.2015)
Wir vom Frauenverband Courage fordern von der Bundesregierung, die Kommunen massiv zu unterstützen bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme und eine menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten. Besonders ist zu gewährleisten, dass Frauen und Kinder sicher sind vor Übergriffen und ihre Privatsphäre in den Flüchtlingsunterkünften geachtet wird.
Es kann nicht angehen, dass für die Sicherheit und für den Schutz von Flüchtlingen vor rassistischen und neofaschistischen Übergriffen wie im sächsischen Heidenau angeblich nicht genügend Polizisten da sind, während es kein Problem war zur Abschirmung der G7-Gipfel-Teilnehmer in Oberbayern über 20.000 Polizisten zusammenzuziehen.
Wir vom Frauenverband Courage organisieren eine andere Willkommenskultur: Im Geist der internationalen Solidarität helfen wir nach unseren Möglichkeiten mit, die Flüchtlinge gut unterzubringen. Mit ihnen zusammen wollen wir entwickeln, welche Hilfe sie brauchen, auch um ihre sozialen und politischen Rechte durchzusetzen.
Wir rufen unsere Mitgliedsgruppen auf zu Besuchen in Flüchtlingsunterkünften, dort Courage vorzustellen und mit den Frauen sprechen über die Organisierung von gemeinsamen Aktivitäten wie z.B. Flüchtlingscafés, wie es die Courage-Gruppe in Essen bereits begonnen hat. Wir wollen ihre Erfahrungen kennen lernen, beraten, wie wir den gemeinsamen Kampf für eine Zukunft ohne Ausbeutung und Unterdrückung weltweit organisieren. Schickt uns dazu auch Berichte und Interviews.
Wir befinden uns mitten im unmittelbaren Vorbereitungsprozess der
2. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen vorbereiten – und dort sollen die Flüchtlingsfrauen aus allen Ländern und ihre Anliegen eine Stimme haben.
Die Teilnehmerinnen der 9. Bundesdelegiertenversammlung des Frauenverbands Courage verabschiedeten am 14.06.15 eine Resolution zur Flüchtlingspolitik. Dort heißt es und anderem:
„Das Massensterben von tausenden von Flüchtlingen auf dem Weg nach Europa ist eine Verletzung der Menschenrechte und eine humanitäre Katastrophe. Es ist ein Verbrechen an den Schutzsuchenden, wenn sie gezwungen sind diese gefährlichen Fluchtwege zu wagen, denn sie bekommen kein Einreisevisum im Heimatland. Die Ursache dieses entsetzendes Massensterbens ist das Ergebnis der Flüchtlingspolitik der Europäischen Union, die wir auf schärfsten kritisieren. Menschen fliehen aus ihren Ländern wie z.B. aus Afghanistan, weil sie dort ihrer Lebensgrundlagen beraubt werden und ihre Menschenrechte täglich missachtet werden. Deutschland mischt dabei militärisch noch kräftig mit, ohne eine Verbesserung für die Bevölkerung zu erreichen.
Deshalb fordern wir:
- einen sicheren Aufenthalt und Asylrecht auf antifaschistischer Grundlage für alle Menschen, die bei uns Schutz und Zuflucht suchen.
- die Abschaffung der Monate langen Prüfung der Beschäftigungserlaubnis für Flüchtlinge. Ein sofortiges Recht auf Arbeit für sie.
- eine umfassende medizinische und psychische Versorgung mit Krankenkassen-Karte
- freie Orts und Wohnungswahl für Flüchtlinge
- eine menschliche Flüchtlingspolitik auf Europaebene durchsetzen
- Deutsche Truppen raus aus anderen Ländern! „
Daten und Fakten zu Menschen auf der Flucht:
- Ende 2014 waren 59,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht vor Krieg Konflikten und Verfolgung. Dies ist die höchste Zahl, die jemals von UNHCR verzeichnet wurde. 2013 waren es 51,2 Millionen, vor zehn Jahren 37,5 Millionen Menschen.
- Der massive Anstieg wurde vor allem durch den Krieg in Syrien verursacht. 7,6 Millionen Syrer sind Binnenvertriebene, Flüchtlinge im eigenen Land, und knapp 3,9 Millionen suchten Schutz in den Nachbarländern.
- Aber auch in vielen anderen Ländern kam es zu tausendfachem Flüchtlingselend. Allein in den letzten fünf Jahren sind mindestens 15 neue Konflikte ausgebrochen
- Wären alle Menschen auf der Flucht Bürgerinnen und Bürger eines einzigen Landes, wäre dies die 24.-größte Nation der Welt.
- 2014 flohen im Durchschnitt pro Tag 42.500 Menschen.
- Einer von 122 Menschen ist entweder Flüchtling oder Binnenvertriebener.
- 50 Prozent der Flüchtlinge weltweit sind Kinder.
- 2014 konnten nur 126.800 Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren – die niedrigste Anzahl seit 31 Jahren.
- 9 von 10 Flüchtlingen (86%) leben in wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern.
- Die Türkei ist das Land, das weltweit die meisten Flüchtlinge (1,59 Millionen – Ende 2014) aufgenommen hat.
(Quelle: UNHR-Report 2014) |
einen sicheren Aufenthalt und Asylrecht auf antifaschistischer Grundlage für alle Menschen, die bei uns Schutz und Zuflucht suchen.
die Abschaffung der Monate langen Prüfung der Beschäftigungserlaubnis für Flüchtlinge. Ein sofortiges Recht auf Arbeit für sie.
eine umfassende medizinische und psychische Versorgung mit Krankenkassen-Karte
freie Orts und Wohnungswahl für Flüchtlinge
eine menschliche Flüchtlingspolitik auf Europaebene durchsetzen
Deutsche Truppen raus aus anderen Ländern! „ |