"Wir können die Welt verändern! Neuer Aufbruch in Chile?" |
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Unter diesem Titel fand am 1.2.12 eine Veranstaltung im Rathaus der Stadt Dortmund statt mit führenden aktiven JugendvertreterInnen aus Chile, Camila Vallejo, Karol Cariola und Jorge Murúa. Mehr Infos unter: www.rosalux.de Angelica Urrutia aus Hattingen berichtet: Der Veranstaltung im Saal des Rathauses in Dortmund folgten ca. 150 Besucher der Einladung der DGB-Region Dortmund-Hellweg, der GEW Dortmund und der Gewerkschaft NGG mit den führenden VetreterInnen der Studentenbewegung Chiles, Camila Vallejo,Vize-Präsidentin der Studentenvereinigung der Universität von Chile (FeCh) und Sprecherin der (Confech - Verband der Studierenden der traditionellen Universitäten Chiles), Karol Cariola, Generalsekretärin der Juventudes Comunistas de Chile (Kommunistischen Jugend) und Jorge Murúa, Mitglied der Leitung der Metallarbeitergewerkschaft (CONSTRAMET) sowie Mitglied in der Leitung des Gewerkschaftsdachverbandes Central Unitaria de Trabajadores de Chile (CUT). Sie sind schon seit dem 27.01. auf Rundreise durch Deutschland. Vorher waren sie in Lateinamerika unterwegs. So viele Besucher hatten die Veranstalter nicht erwartet, denn über die Hälfe musste stehen. Mit großen Erwartungen und Stolz kamen viele hier lebenden Chilenen, die meisten von ihnen fanden politisches Asyl in Deutschland in der 70 Jahre. Ebenso beeindruckend war die große Anzahl von Studenten und Gewerkschaftsmitglieder sowie Migrantinnen aus der kurdischen Widerstandsbewegung. Manfred Sträter von der Gewerkschaft NGG moderierte den Abend, die Übersetzung fand simultan statt. Manfred Sträter berichtete, dass alle Veranstaltung bis jetzt sehr gut besucht waren, was ein enormes Interesse an den langanhaltenden und erfolgreichen Protesten und Kämpfen der chilenische Jugend für eine kostenlose Bildung zeigt. Camila Vallejo begann zu berichten mit der Frage "Warum gilt die Studentenbewegung 2011 als Modell für den Wechsel auch in der Politik?". Wir wollen unsere Erfahrung den Menschen auf der ganzen Welt selber erzählen. Wir sind in Deutschland und andere sind zur Zeit in anderen Ländern. Wir sind der Meinung, dass die Weltwirtschaftskrise die Krisen in den Ländern verursachen, deshalb sind unsere Kämpfe auch eure Kämpfe. In Deutschland gibt es auch Probleme mit der zunehmenden Privatisierung und wir wollen auch lernen, wie ihr eure Probleme löst und welche Forderungen hier gestellt werden. Deshalb wollen wir mit allen Bewegungen Kontakt aufnehmen. Wir sind zur dritt unterwegs, weil der Kampf eine Einheit geworden ist und wir haben die Strategie entwickelt den Kampf nicht zu personifizieren, denn damit sind wir weniger angreifbar. Die "Bewegung 2011" ist an einem Punkt angelangt, der einen langen Prozess hinter sich hat. Seit 1998 gibt es Studentenproteste. 2005 gab es Proteste aus wirtschaftlichen Gründe; 2006 kam die erste "Revolution Pinguina" (die Revolution der Pinguine - weil die Uniform der Schüler weiß – blau ist); 2008, "la lucha Mochila" ("der Kampf Tornister"); 2009 war der erste nationale Kongress für die Bildung mit vielen Akteure des Bildungsbereiches. Sie haben es geschafft, eine enorme Kraft zu werden gegen des Wirtschaftsmodell der Militärdiktatur, ein perverses Modell. Dieses war nicht für die Entwicklung der gesamte Gesellschaft gedacht, sondern für die Zwecke der Militärdiktatur. Alle Reformen, die nach der Militärdiktatur kamen, haben dieses Modell der Privatisierung der Bildung vertieft. Die gesamte Bildung muss privat bezahlt werden. Aktuell im Jahr bis zu 4000 €. Die Qualität der Bildung ist schlecht, sie fabrizieren Akademiker mit schlechter Qualität. Die Privaten bilden die "soziale Wirtschaft" des Landes. Die Familien sind hoch verschuldet für die Ausbildung der Kinder. Die Fächer Kunst, Musik und Geschichte wurden aus dem Unterricht der Grundschule gestrichen, die Studiengänge der Philosophie und andere Sozialwissenschaften werden nicht mehr angeboten, weil diese die kritischen Studiengänge sind. Die Methoden der Regierungen täuschen mit falschen Versprechungen, in dem sie den Familien, diese Ausbildung als die beste verkauft, waas aber nicht ankommt. Dazu kommt die Rolle der Medien, denn diese beeinflussen die Kultur und Kommunikation im Sinne einer Phantasiewelt, die in Wahrheit nicht existiert. Die Studentenbewegung begann ein offenes Bildungsmodell zu fordern und zu verlangen, welches die Verantwortung für die Entwicklung einer kritischen Gesellschaft gerecht werden kann. Die Forderungen: Nein zum Profit mit der Bildung! Generelle Ablehnung jeglichen Profitsinteresses! Die Studentenbewegung hat 90 % der Bevölkerung hinter sich, mehr als die Unterschiede verbindes uns vieles. " Karol Cariola, Generalsekretärin der kommunistischen Jugend Chiles. Die Studentenbewegung ist breit und sozial, 90 % der Bevölkerung unterstützt die Bewegung. Die Art der Proteste werden immer kreativer, es sind keine spontane Bewegungen. Sie haben ihre Foderungen struktierter und konkreter gemacht. Die chilenische Bevölkerung scheint eingeschlafen zu sein durch das neoliberalistisches System. Die Entwicklung der letzten 30 Jahren hat eine große Unzufriedenheit hinterlassen. Jetzt glaubt 94% der Bevölkerung, dass es keine Gleichheit gibt, 5% der Bevölkerung verdient 900 mal mehr als die Armen. "Das Aufwachen des chilenisches Volkes": Die Generationen waren wie eingeschlafen und eingeschüchtert. Drei Generationen, die jetzt keine Angst mehr haben, stehen langsam auf. Das hat ein Wachstum der sozialen Bewegungen hervorgebracht, die nicht nur die Qualität der Bildung behandelt und in Frage stellt, sondern die gesamte Situation des Landes. Es gibt eine Änderung des Paradigmas, politische Fortschritte und höheres Bewusstsein, was die Proteste weiterentwickelt. Das nennen wir jetzt unseren zweiten Frühling, denn der erste war die Unidad Popular (mit der Regierung von Salvador Allende). Vereint mit allen zusammen zu gehen ist jetzt wichtig, Mädchen, Jungen, ArbeiterInnen, Hausfrauen, Mapuches, Umweltbewegung, Studenten - das ist die große Aufgabe, die die "Bewegung 2011" uns hinterlassen hat. Außer kostenloser Bildung fordern wir u.a. die Verstaatlichung des Kupfers. Wir erarbeiten eine Liste mit Forderungen, die wir der Regierung immer wieder vorlegen werden. Eine der wichtigsten Konsequenzen ist die internationale Solidarität! Das Modell, das wir jetzt haben, gefällt uns nicht, deshalb brauchen wir eine gesellschaftliche demokratische Alternative, die wir mit unsere eigenen Händen aufbauen müssen. Jorge Murúa: 20 Jahre "demokratische Regierungen" 1.200.000 ArbeiterInnen leben mit einem Mindestlohn von 283.- €, davon müssen sie 20% noch für die Sozialabgaben zusätzlich zahlen. Es bleiben am Tag 0,20 Cent für drei Personen pro Tag zum leben! Alle leben verschuldet! 15 Millionen von Kreditkarten gibt es in Chile im Umlauf, die Menschen haben mehrere Kreditkarten! Wie funktioniert das? Alle Geschäfte verkaufen auf Raten, denn kaum ein Mensch kann die notwendigen Dingend für den Alltag sofort bezahlen. Lebensmittel, Kleidung und andere Güter werden auf Raten gekauft. Die Menschen kommen nie aus den Schulden raus. Die Privatisierung des Rentensystem hat ergeben, dass es jetzt noch nicht mal ein Büro für die Renten gibt. Als wir Gewerkschaftler mit eine Protestgruppe zu den ACP in Santiago (Rentenbüros) gingen, gab es kein Büro, es war geschlossen! Wir sind dann zum Arbeitsministerium mit unseren Forderungen gegangen und sie schickten uns die Polizei. Genau gegenüber des Gebäudes steht das Luxusgebäude von CODELCO (Büros der chilenische Ölrafinerien), es ist grotesk was bei uns passiert. Wir bekomen jetzt die Unterstützung der Studentenbewegung, wir haben gemeinsam 2 Tage Generalstreik mit ihnen vorbereitet. Diese benötigen die volle internationale Solidarität. Wir werden ein Manifest gemeinsam mit viele Organisationen herausgeben. Die Frage ist, wie wird es weitergehen? Wir sind entschlossen alle industriellen Zentren des Landes zu besetzen und beginnen in Quiliana. Wir werden die Proteste neu bilden, aber wir werden auch die Proteste der "leeren Töpfe" (caserolasos) anwenden. Welche Regierung kann weiter so lügen, wenn sie den Kampf um die Denkweise nicht gewonnen hat? Wir wollen gemeinsam Kämpfen mit den Studenten und unser Ruf ist jetzt "Adelante, adelante, obrero y estudiante"! (Vorwärsts, vorwärts, Arbeiter und Studenten! ) Ich habe mich vorgestellt und mich bei den dreien bedankt und gratuliert für diese enorme Kraftanstregungen und für die Bewegungen in Chile. Weiterhin konnte ich mich als Miglied des kämpferisches Frauenverbands Courage vorstellen und die Rolle, die der Verband für die Realisierung der Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen in Venezuela gespielt hat. Ebenso nutze ich die Gelegenheit die dreien aufzufordern sich solidarisch mit den ArbeiterInnen des ThyssenKrupp Nirosta zu erklären. Nach der Veranstaltung konnte ich an Camila Vallejo eine Solidaritätstasche der philippinische Triumpharbeiterinnen mit einer Courageflagge als Inhalt überreichen. Sie hat sehr aufmerksam zugehört und sich sehr gefreut. An Karol ging die Presseerklärung zum 10. Frauenpolitischen Ratschlag mit einer mündliche Einladung dazu. An Jorge habe ich die Adresse für ein Grußwort an die ThyssenKrupp ArbeiterInnen gegeben und kurz die Situation des Betriebes erklärt. Es war eine sehr bewegende Erfahrung, den Bericht selber zu hören, denn mir wurde klar, dass in Chile die Zeit reif ist für eine revolutionäre Etappe und die Erkenntnis, dass sie sehr stark auf überparteilicher Basis arbeiten muss, um dem Internationalismus-Gedanken große Bedeutung zu geben, was mich beflügelt hat. Es gibt noch mehrere Veranstaltungen, die auf der Homepage der Rosa Luxemburg Stiftung zu finden sind (www.rosalux.de) Angélica Urrutia |